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Seit geraumer Zeit ist bekannt, dass Bisphenol A das menschliche Östrogen nachahmen und den menschlichen Hormonhaushalt stören kann. Dies ist besorgniserregend, weil sich dies auf unsere Fruchtbarkeit auswirken kann. Eine Exposition während der Schwangerschaft kann auch die Entwicklung des ungeborenen Kindes beeinträchtigen, da der Fötus besonders empfindlich für die Exposition gegenüber hormonell wirksamen Stoffen ist.
Darüber hinaus haben neuere Erkenntnisse gezeigt, dass sich Bisphenol A auch auf unser Immunsystem auswirken kann. Die Exposition kann zu einem Anstieg bestimmter Immunzellen führen, was zur Entwicklung von Autoimmunerkrankungen wie Asthma führen kann.
Bisphenol A kann auch bei Wildtieren hormonelle Störungen verursachen kann. Alle Wirbeltiere haben Östrogenrezeptoren und können potenziell von der Östrogen nachahmenden Funktion von Bisphenol A betroffen sein. Diese Wirkungen sind jedoch am besten bei Fischen bekannt, bei denen die hormonell schädlichen Wirkungen des Stoffes in mehreren Studien dokumentiert wurden.
Die gute Nachricht ist, dass Bisphenol A unter den meisten Umweltbedingungen wohl weder persistent ist, noch sich in Lebewesen in erheblichem Maße anreichert. Dies bedeutet, dass es recht schnell aus der Umwelt verschwinden wird, wenn die Freisetzungen gestoppt werden.
Das EUA-Briefing stellt die neuesten Informationen zur menschlichen Exposition gegenüber Bisphenol A vor und berücksichtigt dabei das kürzlich abgeschlossene, von der EU finanzierte Forschungsprojekt zum Human-Biomonitoring (HBM4EU).
Das Briefing zeigt, dass die Menschen in Europa besorgniserregend hohen Konzentrationen von Bisphenol A ausgesetzt sind. Das Briefing basiert auf gemessenen Konzentrationen von Bisphenol A im Urin von 2756 Menschen aus 11 europäischen Ländern. Mindestens 92 % der an der Studie teilnehmenden Personen wiesen eine Bisphenol A-Konzentration in ihrem Urin auf, die den gesundheitlich sicheren Wert übersteigt.
Das Human-Biomonitoring liefert uns Informationen über die tatsächliche Exposition gegenüber einer Chemikalie aus allen verschiedenen Quellen. Dies steht im Gegensatz zu den traditionellen Risikobewertungen, die normalerweise auf modellierten Expositionsdaten basieren.
Die Urinproben für die Bisphenol A-Studie stammen aus den Jahren 2014 bis 2020. Zwar liegen die neuesten Proben aus dem Jahr 2020 nach wie vor über dem Richtwert, doch scheint es einen Trend in Richtung eines Rückgangs der BPA-Konzentrationen im Urin zu geben. Im Rahmen der neuen europäischen Horizont-Europa-Partnerschaft für die Risikobewertung von Chemikalien (PARC) wurden Bisphenole als prioritäre Stoffe aufgenommen, die in Human-Biomonitoring-Studien bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen weiter untersucht werden. Damit werden in den kommenden Jahren weitere Daten zum Vorkommen von BPA und anderen Bisphenolen im Körper der Menschen in Europa gewonnen werden.
Es ist schon seit einiger Zeit bekannt, dass Bisphenol A die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und das Hormonsystem schädigen kann. Aus diesem Grund wurden in der EU sehr viele verschiedene Beschränkungen eingeführt, wie beispielsweise ein Verbot des Stoffes in Babyflaschen und in Thermopapier.
Jetzt aber wissen wir, dass BPA noch viel giftiger ist als wir bisher angenommen hatten, da bei der neuesten Bewertung der EFSA der neue sichere Schwellenwert um 20 000 Mal niedriger festgelegt wurde. Die Europäische Kommission bereitet derzeit einen Vorschlag für ein Verbot von Bisphenol A und anderen Bisphenolen in Materialien mit Lebensmittelkontakt vor.
Die Europäische Union verfügt über die umfassendsten und strengsten Chemikalienvorschriften der Welt. Das System ist jedoch nicht kugelsicher. Unser Verständnis der verschiedenen Weisen, wie chemische Stoffe auf unseren Körper wirken können, entwickelt sich ständig weiter. Dies bedeutet, dass das Regulierungssystem die Entwicklungen in der Wissenschaft kontinuierlich mitverfolgen muss, um das bestmögliche Schutzniveau zu wahren.
Im Rahmen des europäischen Grünen Deals hat die Europäische Kommission eine Reihe von Initiativen zur weiteren Verbesserung des Systems angekündigt. Eine dieser Initiativen ist die Entwicklung eines EU-Frühwarnsystems für chemische Risiken, um die Beachtung von Warnungen, wie solchen aus der wissenschaftlichen Forschung, für das Risikomanagement zu beschleunigen.
Magnus Løfstedt
EUA-Experte für Chemikalien, Umwelt und Gesundheit
Das Interview wurde in der September-Ausgabe des Newsletter 03/2020 der EUA veröffentlicht
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