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Von Schülern, Studenten und Familien bis zu Städten und Regionen – viele Menschen in ganz Europa haben bereits Maßnahmen in diese Richtung ergriffen. Der europäische Grüne Deal bietet jetzt aber eine noch nie da gewesene Möglichkeit: Er ist eine gemeinsame und kohärente Vision für einen ganzen Kontinent.
Hans Bruyninckx, Exekutivdirektor der EUA
Alle fünf Jahre erstellt die Europäische Umweltagentur den umfassenden Bericht „Die Umwelt in Europa – Zustand und Ausblick“. In der sechsten, kürzlich veröffentlichten Ausgabe – „Die Umwelt in Europa – Zustand und Ausblick 2020“, werden die Rufe nach ehrgeizigen, entschiedenen und unmittelbaren Maßnahmen noch deutlicher. Der SOER 2020 zeigt, dass die europäische Gesetzgebung und die europäischen Politikziele bereits Vieles erreicht haben. Die Emissionen von Luftschadstoffen sind zurückgegangen, die Treibhausgasemission haben abgenommen, und ein größerer Teil der Meeresgebiete und der Landfläche Europas steht nun unter Schutz. Immer mehr Siedlungsabfälle in Europa werden wiederverwertet. Wenngleich diese Verbesserungen bedeutsam sind, werden sie in Anbetracht der vor uns liegenden Herausforderungen aber nicht schnell genug umgesetzt.
Der SOER 2020 stellt fest, dass unsere Produktions- und Konsumsysteme der Natur weiterhin mehr Ressourcen entziehen, als diese in einem gegebenen Zeitraum erneuern kann. Außerdem setzt die Art und Weise, wie wir Güter und Dienstleistungen produzieren und konsumieren, Schadstoffe in die Umwelt frei. Diese Schadstoffe neigen dazu, sich zu vermischen und anzureichern, und sie schaden damit Ökosystemen sowie der menschlichen Gesundheit. In Verbindung mit den Auswirkungen der Klimakrise und dem Verlust an Biodiversität sieht unsere Zukunft zunehmend gefährdet aus. Viele Gemeinden und Gruppen in ganz Europa sind bereits betroffen. Bauern sind mit unvorhersehbaren Witterungsverhältnissen konfrontiert. Millionen von Europäern sind immer noch einem schädlichen Ausmaß an Luftschadstoffen ausgesetzt oder erleben häufigere Überschwemmungen. Städtische Gebiete dehnen sich auf Kosten landwirtschaftlich nutzbarer Flächen weiter aus, und die Infrastrukturentwicklung führt weiterhin zu einer Zerstückelung der Landschaft. Um einige dieser besorgniserregenden Trends umzukehren, muss Europa mit anderen Regionen und Partnern weltweit zusammenarbeiten.
Die Länder in Europa müssen bereits verabschiedete Rechtsvorschriften voll umsetzen. Dadurch können sicherlich weitere Verbesserungen erzielt werden. Die Ergebnisse des SOER 2020 bestätigen aber auch, dass schrittweise Effizienzsteigerungen – wie sparsamere Fahrzeuge oder sauberere Kraftstoffe – für einen Systemwandel nicht ausreichen. Solche Schritte allein werden nicht zu einem sauberen Mobilitätssystem führen. Das Sortieren von Siedlungsabfällen wird keine Kreislaufwirtschaft hervorbringen. Produkte und Produktionsprozesse müssen so gestaltet werden, dass entnommene Ressourcen innerhalb des Wirtschaftskreislaufs verbleiben. Wenn wir CO2-Neutralität, eine Kreislaufwirtschaft, das Null-Schadstoff-Ziel und eine gerechte Gesellschaft verwirklichen wollen, müssen wir die grundlegenden Systeme, auf denen unsere Wirtschaft und unser Alltagsleben beruhen, überdenken, überarbeiten und neu konstruieren. Das Energiesystem, die Ernährung und die Mobilität stehen dabei an oberster Stelle. Diese Veränderungen können nicht erfolgreich durchgeführt werden, ohne die durch sie betroffenen Gruppen zu unterstützen. Ein gesundes und gerechtes Ernährungssystem muss den Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft reduzieren, die Landschaftspflege verbessern und gleichzeitig eine hohe Produktivität sicherstellen sowie bessere Lebensgrundlage für Landwirte ermöglichen.
Diese transformativen Änderungen erfordern die richtigen Investitionen, um nachhaltige Lösungen auszuweiten und zu beschleunigen. Parallel müssen nicht-nachhaltige und umweltschädigende Verfahren stufenweise eingestellt oder gestoppt werden. Die richtigen Investitionen – in Menschen, Innovationen und saubere Industrien – können dabei helfen, bessere Möglichkeiten und eine höhere Lebensqualität für alle zu schaffen.
Die wichtigen Schlussfolgerungen aus unserem SOER 2020 spiegeln sich auch in der vergangene Woche veröffentlichten Mitteilung der Europäischen Kommission zum europäischen Grünen Deal wider. In dieser Mitteilung wird ein Aktionsplan für die kommenden fünf Jahre umrissen, in denen die Von der Leyen-Kommission eine Reihe von Vorschlägen machen wird. Dazu zählen wesentlich ambitioniertere europäische Klimaziele, eine Biodiversitätsstrategie, saubere Mobilität und ein nachhaltiges Finanzwesen, unterstützt durch eng aufeinander abgestimmte EU-Fonds, einschließlich des Mechanismus für einen gerechten Übergang zur Unterstützung der von diesem Übergang betroffenen Menschen. Der Deal wird von entscheidender Bedeutung sein für den europäischen Beitrag zu weltweiten Zielen, darunter die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung.
Der europäische Grüne Deal der Europäischen Kommission und die breite Unterstützung, die er im Europäischen Parlament und im Europäischen Rat erfahren hat, sind konkrete Zeichen dafür, dass Europa entschlossen einen neuen Weg in Richtung einer nachhaltigen und gerechten Gesellschaft einschlägt. Der Deal ist die politische Antwort der EU auf zunehmende Rufe von immer mehr Europäern nach ehrgeizigen Maßnahmen. Tatsächlich haben viele Menschen in ganz Europa – von Schülern, Studenten und Familien bis zu Städten und Regionen – bereits Maßnahmen in diese Richtung ergriffen. Der europäische Grüne Deal bietet jedoch eine noch nie da gewesene Möglichkeit: Er stellt eine gemeinsame und kohärente Vision für einen ganzen Kontinent dar.
Die Verwirklichung der im europäischen Grünen Deal umrissenen Vision ist keine leichte Aufgabe. Die in der vergangenen Woche vorgelegte Mitteilung markiert nur den Beginn eines langen Prozesses. Auf diesem herausfordernden und spannenden Weg fühlt sich die Europäische Umweltagentur verpflichtet, das beste verfügbare Wissen zur Unterstützung der Umwelt- und Klimadebatte in Europa bereitzustellen.
Hans Bruyninckx
Exekutivdirektor der EUA
Dieser Leitartikel wurde im Dezember 2019 im EUA-Newsletter 04/2019 veröffentlicht.
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