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Kriege führen unmittelbar zu Zerstörung und Verlust. Die durch diesen Krieg verursachten Verluste werden nicht nur an den Zahlen der Todesopfer oder den Sachschäden ab zulesen sein . Die Betroffenen verlieren Angehörige, Familienmitglieder und Freunde, die niemals ersetzt werden können. Sie verlieren zudem das Gefühl, ein sicheres Zuhause zu haben, und das Grundvertrauen in ihre Mitmenschen. Der Wiederaufbau dessen, was innerhalb von Sekunden zerstört wird, kann Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Die grundlose und ungerechtfertigte Aggression des russischen Militärs in der Ukraine dauert nun schon drei Wochen an. Und jeder Tag führt zu mehr Verlusten und Zerstörung. Vor unseren Augen spielt sich eine menschliche Tragödie ab: Soldaten und Zivilisten kommen uns Leben, Millionen Menschen – vor allem Mütter und Kinder – suchen Zuflucht in den Nachbarländern und viele, die das Land nicht verlassen und bis vor zwei Wochen noch ihrem Alltag nachgingen, schließen sich jetzt freiwillig den ukrainischen Streitkräften an. Die wenigsten Menschen hätten sich vor einigen Monaten vorstellen können, wie dramatisch und schnell sich die Welt verändern würde.
Auf europäischem Boden hat es viele Kriege gegeben. Um das Risiko künftiger Kriege auszuräumen und langfristigen Frieden auf dem Kontinent zu schaffen, nahmen die europäischen Länder die Zusammenarbeit in verschiedenen Politikbereichen auf, einschließlich der Energiepolitik. Die Europäische Union wurde vor allem mit diesem Ziel gegründet, was viele von uns bis zum Ausbruch des aktuellen Krieges womöglich vergessen oder für selbstverständlich erachtet hatten. Heute erstreckt sich die europäische Zusammenarbeit auf ein breites Spektrum von Politikbereichen – von humanitärer Hilfe über Handel bis hin zu Umweltschutz und Landwirtschaft – und spielt sich in einem politischen Kontext ab, der seit über sieben Jahrzehnten von Frieden geprägt ist.
Als die Europäische Union und ihre 27 Mitgliedstaaten mit der aktuellen Krise konfrontiert wurden, war es diese Bereitschaft und Verpflichtung zur Zusammenarbeit, die es ihnen ermöglichte, mit einer Stimme zu sprechen und zu handeln, geflüchtete Menschen gemeinsam zu unterstützen und Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu verhängen. Diese Solidarität innerhalb der EU und mit der Ukraine wurde weiter gefestigt, als die europäischen Staats- und Regierungschefs in der vergangenen Woche zur Tagung des Europäischen Rates im französischen Versailles zusammenkamen.
Neben der Unterstützung der ankommenden ukrainischen Flüchtlinge stellt die derzeitige Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus Russland ein Problem dar, das auf Ebene der EU angegangen werden muss. Russland ist nach wie vor der wichtigste Energielieferant einiger EU-Mitgliedstaaten, wodurch diese Länder besonders gefährdet sind. Der Anstieg der globalen Energiepreise hatte bereits lange vor dem russischen Krieg begonnen, aber die Preise sind seitdem noch höher und volatiler geworden. Das Herunterfahren der Importe aus Russland wird höchstwahrscheinlich einen kurzfristigen Aufwärtsdruck auf die Energiepreise verursachen.
Die Staats- und Regierungschefs der EU forderten die Europäische Kommission auf, einen Plan „RePowerEU“ vorzuschlagen, um die EU lange vor 2030 von Erdöl, Kohle und Gas aus Russland unabhängig zu machen und gleichzeitig die Auswirkungen der steigenden Energiepreise abzumildern und die Energiewende zu beschleunigen. Der Plan muss sich weiter auf die Energieeffizienz und die Verbesserung der Interkonnektivität der Energie- und Stromnetze konzentrieren. Außerdem muss die Europäische Kommission bis Ende dieses Monats einen Plan vorlegen, in dem die kurz- bis mittelfristige Versorgungssicherheit für den nächsten Winter analysiert wird.
Aufgrund des europäischen Grünen Deals und des europäischen Klimagesetzes war die EU bereits auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050. Die ehrgeizigen Etappenziele umfassen u. a. eine Senkung der Emissionen um 55 % bis 2030. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist klar, dass die EU noch ehrgeizigere Maßnahmen ergreifen muss. Dies bedeutet allerdings nicht, dass vom übergeordneten Kurs abgewichen werden muss. Das Gegenteil könnte der Fall sein, denn die Verringerung unserer Abhängigkeit von fossilen Energieträgern könnte uns dazu bewegen, die Energiewende zu beschleunigen.
Kriege führen unmittebar zu Zerstörung und Verluste. Die durch diesen Krieg verursachten Verluste werden nicht nur an den Zahlen der Todesopfer oder der Sachschäden abzulesen sein. Die Betroffenen verlieren Angehörige, Familienmitglieder und Freunde, die niemals ersetzt werden können. Sie verlieren zudem das Gefühl, ein sicheres Zuhause zu haben, und das Grundvertrauen in ihre Mitmenschen. Der Wiederaufbau dessen, was innerhalb von Sekunden zerstört wird, kann Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Kriege haben auch langfristige Auswirkungen auf die Umwelt. Je nach Ausmaß der durch Krieg verursachten Zerstörung und der Art der eingesetzten Waffen können toxische Chemikalien noch Jahrzehnte im Wasser, im Boden und in der Luft vorhanden sein, was die Gesundheit der Menschen, Lebensräume und Arten schädigt. Neben der Umweltverschmutzung, der Anhäufung von Schutt und der Zerstörung von Ökosystemen sind Kriege und der darauf folgende Wiederaufbau sehr ressourcenintensiv und üben zusätzlichen Druck auf den Bedarf an Energie und Baustoffen aus.
Der Krieg dürfte zudem das weltweite Angebot an Weizen beeinträchtigen, was wiederum zu einem Anstieg der weltweiten Lebensmittelpreise und in einigen Regionen zu Engpässen führen könnte. Ungeachtet der genauen Ursache treffen diese Schocks und Krisen einige Menschen und Regionen stärker als andere. Aufgrund unserer menschlichen Pflicht und unserer europäischen Werte müssen wir uns mit den Menschen solidarisch zeigen, die unsere Hilfe benötigen.
Meine Gedanken gehen an alle Ukrainerinnen und Ukrainer, die von dieser Krise betroffen sind. Ich kann nur hoffen, dass diese Aggression ohne weitere Verluste rasch und friedlich beigelegt wird.
Hans Bruyninckx
Exekutivdirektor der EUA
Leitartikel des EUA-Newsletters, März 2022
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