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Sauberere Luft hätte 2019 in der EU mindestens 178 000 Menschenleben retten können

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Nachrichten Veröffentlicht 15.12.2021 Zuletzt geändert 09.02.2023
5 min read
Photo: © Sam Schooler on Unsplash
2019 waren durch Luftverschmutzung bedingte Todesfälle und Krankheiten weiterhin eine große Belastung für Europa. Eine Untersuchung der Europäischen Umweltagentur (EUA) zeigt, dass durch eine Verbesserung der Luftqualität auf die kürzlich von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Werte mehr als die Hälfte der vorzeitigen Todesfälle durch Exposition gegenüber Feinstaub hätte verhindert werden können.

Das EUA-Briefing „Health impacts of air pollution in Europe“ (Gesundheitliche Folgen der Luftverschmutzung in Europa) enthält aktualisierte Schätzungen dazu, wie sich 2019 drei wichtige Schadstoffe – Feinstaub, Stickstoffdioxid, bodennahes Ozon – auf die Gesundheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger ausgewirkt haben. In dem Briefing wird auch der potenzielle Nutzen einer Verbesserung der Luftqualität auf die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen neuen Richtwerte bewertet. Außerdem werden die Fortschritte im Hinblick auf das Ziel des Null-Schadstoff-Aktionsplans der EU, die Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch Exposition gegenüber Feinstaub bis 2030 um mehr als 55 % zu senken, gemessen.

  • Den jüngsten Schätzungen der EUA zufolge starben 2019 307 000 Menschen vorzeitig durch Exposition gegenüber durch Feinstaub verursachte Verunreinigungen[1]. Mindestens 58 % bzw. 178 000 dieser Todesfälle hätten vermieden werden können, wenn alle EU-Mitgliedstaaten die neue Luftqualitätsleitlinie der WHO von 5 µg/m³ erreicht hätten.
  • Die Luftqualität in Europa war 2019 besser als 2018, was auch zu weniger negativen Auswirkungen auf die Gesundheit führte. Der Rückgang der Umweltverschmutzung folgt einem langfristigen Trend, der auf Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen und zur Verbesserung der Luftqualität zurückzuführen ist.
  • Im Rahmen des europäischen Grünen Deals legt der Null-Schadstoff-Aktionsplan der EU das Ziel fest, die Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch Exposition gegenüber Feinstaub um mehr als 55 % bis 2030 im Vergleich zu 2005 zu reduzieren. Der Untersuchung der EUA zufolge ist die EU derzeit auf Kurs, das Ziel zu erreichen, da die Zahl dieser Todesfälle zwischen 2005 und 2019 um etwa ein Drittel zurückgegangen ist. 

„Investitionen in sauberere Heizungen, Mobilität, Landwirtschaft und Industrie erhöhen die Gesundheit, Produktivität und Lebensqualität aller Europäer, insbesondere der schwächsten Bevölkerungsgruppen. Diese Investitionen retten Menschenleben und tragen auch dazu bei, Fortschritte in Richtung CO2-Neutralität und eine starke biologische Vielfalt zu beschleunigen“, so Hans Bruyninckx, Exekutivdirektor der EUA.

„Saubere Luft atmen zu können, sollte ein grundlegendes Menschenrecht sein. Sie ist eine notwendige Voraussetzung für gesunde und produktive Gesellschaften. Trotz der in den letzten Jahren erreichten Verbesserung der Luftqualität in unserer Region bleibt noch viel zu tun, um die in den neuen globalen Luftqualitätsleitlinien der WHO festgelegten Werte zu erreichen“, erklärte der WHO-Regionaldirektor für Europa., Dr. Hans Henri P. Kluge. „Bei der WHO begrüßen wir die Arbeit der EUA, die uns auf die vielen Menschenleben aufmerksam macht, die gerettet werden könnten, wenn die neuen Luftqualitätswerte erreicht würden, und die den politischen Entscheidungsträgern fundierte Belege dafür liefern, dass diese Gesundheitsbelastung dringend angegangen werden muss.“

Das Briefing der EUA wird kurz vor dem EU-Forum für saubere Luft veröffentlicht, das am 18./19. November stattfinden wird. Das Forum bringt Entscheidungsträger, Interessenträger und Sachverständige zusammen, um über die Entwicklung und Umsetzung wirksamer europäischer, nationaler und lokaler Luftqualitätspolitiken, -projekte und -programme zu reflektieren und über die laufende Revidierung der EU-Vorschriften, einschließlich ihrer engeren Angleichung an die WHO-Leitlinien zur Luftqualität, zu informieren.

Hintergrund

Luftverschmutzung ist eine der Hauptursachen für vorzeitige Todesfälle und Krankheiten und das größte einzelne umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa. Herzerkrankungen und Schlaganfälle sind die häufigsten Ursachen für vorzeitige Todesfälle, die der Luftverschmutzung zugeschrieben werden, gefolgt von Lungenerkrankungen und Lungenkrebs.

In den Luftqualitätsrichtlinien der EU sind Normen für die wichtigsten Luftschadstoffe festgelegt. Diese Werte berücksichtigen die WHO-Leitlinien von 2005 sowie Überlegungen zur technischen und wirtschaftlichen Durchführbarkeit zum Zeitpunkt ihrer Annahme.

Die zu Beginn des Herbstes veröffentlichten Daten der EUA zeigten, dass in den meisten europäischen Ländern die Luftverschmutzung nach wie vor über den gesetzlichen Grenzwerten der EU liegt.

Die WHO hat kürzlich neue globale Leitlinien für die Luftqualität zum Schutz der öffentlichen Gesundheit aufgestellt. Diese Leitlinien basieren auf einer systematischen Überprüfung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die menschliche Gesundheit, die zeigt, dass Luftschadstoffedie menschliche Gesundheit bereits in noch geringeren Konzentrationen beeinträchtigt als bisher angenommen.

Die Luftqualitätsnormen der EU sind ein wichtiges politisches Instrument, und die stärkere Angleichung dieser Normen an die Empfehlungen der WHO wäre ein wichtiger Schritt hin zu saubererer Luft für Europa in Verbindung mit verbesserten Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung an den Quellen.

Die EUA-Bewertung des potenziellen Nutzens geht von einem Szenario aus, bei dem die Werte aller Gebiete in der EU-27, die 2019 über denen der Luftqualitätsleitlinie der WHO für Feinstaub lagen, stattdessen die Leitlinienwerte erreicht hätten, während in allen anderen Gebieten die gemessenen Konzentrationen im Jahr 2019 gleichgeblieben wären. Dieses Szenario und die entsprechenden Schätzungen stellen daher den minimalen potenziellen Nutzen dar, der sich aus der Verbesserung der Luftqualität ergibt, wobei eine Verringerung der vorzeitigen Todesfälle auch in Gebieten auftreten dürfte, in denen die Werte der Leitlinie bereits erreicht wurden, die aber wahrscheinlich auch von saubererer Luft in den umliegenden Gebieten profitieren würden.

Die EUA-Untersuchung von 2019 zu den gesundheitlichen Auswirkungen basierte auf den von der WHO 2013 empfohlenen Konzentrations-Wirkungs-Funktionen, um mit den eigenen Schätzungen der Vorjahre vergleichbar zu bleiben. Die EUA geht jedoch davon aus, dass sie ab nächstem Jahr ihre Untersuchung vollständig an die neue globale WHO- Luftqualitätsleitlinie angleichen wird.

Wichtige Quellen

Der Europäische Luftqualitätsindex zeigt Luftqualitätsdaten für Europa beinahe in Echtzeit, sodass Nutzer die örtliche Luftqualität an ihrem Wohnort oder auf ihren Reisen überprüfen können.

Das Viewer für Luftqualität in europäischen Städten vergleicht durchschnittliche Feinstaubwerte in 323 europäischen Städten während der letzten beiden Kalenderjahre.

Das nationale Datenschaubild für die Emissionen von Luftschadstoffen Viewer bietet Zugang zu den neuesten Daten zu Luftschadstoffemissionen, die von den EU-Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen gemeldet werden.

Das Datencenter zur Luftverschmutzung bietet Zugang zu allen relevanten Daten der EUA zur Luftverschmutzung in Europa.

Die Luftverschmutzung: wie sie sich auf unsere Gesundheit auswirkt, zeigt, wie die Exposition gegenüber Feinstaub zu Krankheiten und vorzeitigen Todesfällen in Europa beiträgt und wie sich diese Belastung auf die europäische Gesellschaften insgesamt verteilt.


[1] Im Gegensatz zu früheren Bewertungen der EUA schließt diese Zahl das Vereinigte Königreich nicht ein.

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