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Ein Teil des Problems der Kunststoffabfälle ist das, was wir mittlerweile als Marine Litter (Abfälle im Meer) kennen. Es handelt sich hierbei um Abfall, den wir an unseren Stränden und in unseren Meeren sehen können. Das meiste davon kommt vom Land, entweder transportiert durch den Wind oder durch oberflächlichen Abfluß von Regenwasser.
Herzzerreißende Bilder von toten Seevögeln, die alles Mögliche verschluckt haben, von Spielzeugteilen bis zu Zigarettenstummeln, von Schildkröten, die sich in Sechserpackträgern verfangen haben, von mit Plastik gefüllten Kadavern von Walen – das sind die Bilder und Geschichten, die das Problem Marine Litter bekannt gemacht haben. Weniger bekannt, selbst unter Fachleuten, ist das genaue Ausmaß des Problems.
Es gibt jedoch immer mehr Hinweise darauf, dass die Reinigung der Ozeane zu einer äußerst schwierigen Aufgabe wird. Laut einer aktuellen Studie des Weltwirtschaftsforums gelangen jährlich rund acht Millionen Tonnen Kunststoffe in die Ozeane. Andere Schätzungen gehen von 10 bis 20 Millionen Tonnen aus, und einer Studie zufolge befinden sich bereits mehr als fünf Billionen Kunststoffteile im Meer.
Die Reise beginnt für fast alle diese Plastikteile an Land, geht dann in einem Fluss weiter und endet im Meer, wo sich große Inseln aus Abfällen ansammeln und jedes Jahr größer werden. Einige haben die Müllinsel im Pazifischen Ozean sogar als den achten Kontinent der Welt bezeichnet.
Der Schlüssel zum Umgang mit den Kunststoffen in unseren Meeren liegt darin zu verstehen, woraus sie bestehen und woher sie kommen. Die EUA hat eine mobile App – Marine LitterWatch – entwickelt, die es den Anwendern ermöglicht, die an Stränden gefundenen Meeresabfälle zu registrieren. Gemäß der europäischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten Strategien entwickeln, um die Menge an Kunststoffen im Meer auf ein Niveau zu senken, das keinen Schaden verursacht. Die Erfassung dieser Meeresabfall-Daten trägt zu einem besseren Verständnis des Problems bei, was der EU und ihren Mitgliedstaaten helfen kann, das Problem auf die wirksamste Weise anzugehen.
Von 2014 bis 2017 wurden fast 700 000 Abfallteile in der Marine LitterWatch Datenbank registriert. Mehr als vier von fünf dieser Teile waren verschiedene Kunststoffarten. Die mit Abstand häufigsten Gegenstände am Strand waren Zigarettenstummel und -filter (18 % aller Gegenstände), gefolgt von verschiedenen Formen von Kunststoff, darunter Flaschenverschlüsse, Wattestäbchen, Einkaufstüten und Lebensmittelverpackungen.
Auch wenn wir an unseren Stränden Abfallstücke zählen und bis zu einem gewissen Grad auch einsammeln können, gibt es noch einen weiteren Teil des Problems der Kunststoffverschmutzung, der noch schwieriger zu beseitigen ist.
Mit der Zeit und der Einwirkung von Sonnenlicht zerfallen Kunststoffabfälle in immer kleinere Stücke. Mikro- und Nanokunststoffe sind das Ergebnis dieser ständigen Zerlegung. Sie wurden in manchen Fällen gezielt Kosmetika oder anderen Produkten zugesetzt, sodass sie durch die Kanalisation direkt in die Gewässer gelangen. Moderne Abwasseraufbereitungsanlagen können mehr als 90 % dieser Partikel filtern, wodurch sie jedoch nicht verschwinden. Der anfallende Schlamm wird oft an Land ausgebracht. Sogar diese Partikel können bei Sturzfluten oder starken Niederschlägen in Gewässer gelangen.
Diese kleinsten Partikel sind für das Auge kaum sichtbar und ihre Auswirkungen auf die Natur und unsere Gesundheit sind noch wenig verstanden. Hinzu kommt, dass viele Kunststoffe sehr saugfähig sind und andere Schadstoffe wie Schwermetalle, Chemikalien, die sich auf den Hormonhaushalt auswirken, und persistente organische Schadstoffe anziehen. Diese Substanzen können eine Vielzahl von schädlichen Auswirkungen auf Tiere und Menschen haben, darunter Missbildungen, Störungen der kognitiven Entwicklung, Fertilitätsprobleme und Krebs.
Wie der EUA-Bericht State of Europe's seas feststellt, können die Konzentrationen von Schadstoffen in Stücken aus Mikroplastik tausendmal höher sein als im Meerwasser, und sie können Meereslebewesen schädlichen Chemikalien aussetzen. Auf diese Weise landen Mikrokunststoffe und die darin enthaltenen Chemikalien schließlich auch auf den Tellern der Menschen und in ihren Verdauungstrakt.
Aufgrund neuer Erkenntnisse wird klar, dass wir Kunststoff bereits bei der Herstellung als eine Art Schadstoff betrachten und vermeiden sollten, dass Kunststoffprodukte und -abfälle in die Umwelt gelangen.
Um das Kunststoffproblem anzugehen, hat die Europäische Union Anfang des Jahres 2018 die europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft vorgeschlagen. Die Strategie zielt darauf ab, die „Art und Weise, wie Produkte in der EU entworfen, hergestellt, verwendet und recycelt werden“, zu verändern. Zu den Hauptinitiativen der Strategie gehören die Steigerung der Rentabilität des Recyclings und die Eindämmung von Kunststoffabfällen, insbesondere aus Einwegprodukten. Die Europäische Kommission hat ferner die Europäische Chemikalienagentur aufgefordert zu prüfen, ob Mikrokunststoffe, die Kosmetika, Körperreinigungsmitteln und Farben zugesetzt werden, eingeschränkt oder verboten werden sollten, um Umweltschäden zu vermeiden. Im Rahmen der EU-Kunststoffstrategie hat die Europäische Kommission auch neue Vorschriften für die zehn vorherrschenden Einweg-Kunststoffprodukte, die an denStränden und in den Meeren Europas gefunden werden, wie auch für verlorene und zurückgelassene Fischereiausrüstung vorgeschlagen.
Die Strategie räumt ein, dass, wie bei vielen Umweltproblemen, eine globale Zusammenarbeit der Schlüssel zur Eindämmung der Kunststoffverschmutzung ist. Laut einer deutschen Studie gelangen etwa 90 % der Kunststoffabfälle in den Weltmeeren durch nur zehn große Flüsse dorthin, acht in Asien und zwei in Afrika: Jangtse, Indus, Gelber Fluss, Hai, Ganges, Pearl, Amur, Mekong, Niger und Nil. Theoretisch sollte dies auch die Bewältigung des Problems erleichtern.
Die Konzentration auf die Verschmutzung durch Kunststoffe hat die Forschung und Innovation gefördert, um das Problem besser zu verstehen und möglicherweise zu lösen. Vor kurzem hat ein Forschungsprojekt unter der Leitung von Orb Media das abgefüllte Wasser von 11 großen Marken getestet und festgestellt, dass 93 % diesesWassers Anzeichen einer Kontamination durch Mikroplastik aufweisen. Was die Lösung des Problems angeht, ist es einem internationalen Team von Wissenschaftlern gelungen, ein Enzym zu entwickeln, das Kunststoffflaschen in Material zerlegt, aus dem neue Flaschen hergestellt werden können.
Die wachsende Besorgnis in Bezug auf Kunststoffe, insbesondere in der Meeresumwelt, verleiht auch den normalen Verbrauchern große Macht bei der Eindämmung der Kunststoffverschmutzung, und die wachsende Nachfrage nach umweltfreundlicheren Alternativen schafft Geschäftsmöglichkeiten. Kürzlich eröffnete ein niederländischer Supermarkt den weltweit ersten kunststofffreien Gang mit 700 kunststofffreien Produkten. Um die Verunreinigung durch Plastik zu verringern, erlaubt ein britischer Supermarkt seinen Kunden neuerdings, Fleisch und Fisch in ihren eigenen Behältern abzuholen. Innovationen gibt es auch bei den biologisch abbaubaren Materialien, die mittlerweile zum Beispiel aus Zellstoff gewonnen aus Recyclingpapier, Textilien, Pflanzen oder Algen hergestellt werden können.
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