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Die bereits im Rahmen europäischer und internationaler Politiken ergriffenen Maßnahmen reichen bei weitem noch nicht aus, um eine fundamentale Umstellung auf einen nachhaltigen Seeverkehr zu erreichen, der dazu beiträgt, das künftige Wohl, ja Überleben, unserer empfindlichsten Ökosysteme und Küstengebiete sowie das Wohlergehen aller Bürgerinnen und Bürger in Europa zu sichern
Hans Bruyninckx, Exekutivdirektor der EUA
Der Seeverkehr ist zentraler Bestandteil der internationalen Lieferkette: 77 % des EU-Außenhandels und 35 % des wertmäßigen Handels zwischen den EU-Mitgliedstaaten entfallen auf Güter, die auf dem Seeweg transportiert werden. Obwohl die Branche 2020 aufgrund der Coronapandemie Einbußen verzeichnete, wird für die nächsten Jahrzehnte ein starkes Wachstum prognostiziert, ausgelöst durch eine steigende Nachfrage nach Rohstoffen und Containertransporten.
Vor diesem Hintergrund stellt der Europäische Umweltverträglichkeitsbericht für den Seeverkehr, der heute von der Europäischen Umweltagentur und der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs veröffentlicht wird, einen ersten umfassenden „Gesundheits-Check“ dieses Sektors dar. Der Bericht zeigt, dass der Schiffsverkehr für 13,5 % aller verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich ist, nach dem Straßenverkehr mit 71 % und dem Flugverkehr mit 14,4 %. Die Schwefeldioxid (SO2)-Emissionen der Schiffe, die im Jahr 2019 europäische Häfen anliefen, beliefen sich auf 1,63 Mio. Tonnen. Diese Zahl dürfte während der kommenden Jahrzehnte aufgrund strengerer Umweltvorschriften und -maßnahmen weiter zurückgehen.
Schätzungen zufolge hat der Seeverkehr dazu beigetragen, dass sich der Unterwasserlärm in europäischen Gewässern von 2014 bis 2019 mehr als verdoppelt hat; außerdem ist er für die Ansiedlung der Hälfte aller seit 1949 in die europäischen Meere gelangten gebietsfremden Arten verantwortlich. Gleichwohl lässt sich feststellen, dass trotz der stetig gestiegenen Öltransporte auf dem Seeweg nur acht der weltweit 62 durch mittlere und große Öltanker verursachten Ölaustritte in den letzten zehn Jahren EU-Gewässer betrafen.
Der gemeinsame Bericht zeigt den aktuellen Stand bei sich abzeichnenden Lösungswegen wie alternativen Kraftstoffen, Batterien und der Onshore-Stromversorgung, die zur Nachhaltigkeit des Seeverkehrs beitragen können, und zeichnet ein umfassendes Bild ihrer Nutzung in der EU. Außerdem werden die künftigen Herausforderungen durch den Klimawandel für die Branche illustriert, etwa die möglichen Folgen steigender Meeresspiegel für die Häfen.
„Unsere Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität macht deutlich, dass alle Verkehrsträger nachhaltiger, intelligenter und widerstandsfähiger werden müssen, auch der Seeverkehr. Obwohl diese Branche ihren ökologischen Fußabdruck in den letzten Jahren verringert hat, sind hinsichtlich der Dekarbonisierung und der Eindämmung der Umweltverschmutzung weiter große Anstrengungen nötig. Unsere auf den neuesten Erkenntnissen basierenden Konzepte sollen dem Seeverkehr helfen, diese Herausforderungen mit Hilfe innovativer Lösungen und digitaler Technologien anzugehen, damit er weiter wachsen und den täglichen Bedarf der Bürgerinnen und Bürger auf umweltverträgliche Weise decken, dabei wettbewerbsfähig bleiben und hochwertige Arbeitsplätze schaffen kann“, so Adina Vălean, EU-Kommissarin für Verkehr.
„Dieser gemeinsame Bericht bietet einen ausgezeichneten Überblick über die aktuellen und künftigen Herausforderungen im Bereich des Seeverkehrs. Die Botschaft ist klar: Der Seeverkehr wird in den kommenden Jahren voraussichtlich zunehmen. Deshalb müssen wir jetzt handeln, um zu verhindern, dass er zunehmend mehr Treibhausgasemissionen, Luftschadstoffe und Unterwasserlärm erzeugt. Die Branche muss einen reibungslosen und gleichzeitig raschen Übergang vollziehen, damit wir die Ziele des europäischen Grünen Deals und der CO2-Neutralität erreichen können. Im Rahmen des notwendigen Übergangs hin zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft werden auch neue wirtschaftliche Chancen für die europäische Transportbranche entstehen. Die Herausforderung ist zwar riesig, jedoch verfügen wir über die Technologien, die Ressourcen und den Willen, sie zu bewältigen“, meint Virginijus Sinkevičius, EU-Kommissar für Umwelt, Meere und Fischerei.
„Die innovationsgetriebene Nachhaltigkeit bietet dem Seeverkehr die Möglichkeit einer Transformation von ähnlicher Tragweite wie einst die Entwicklung von Segel- zu Dampfschiffen. Die neue Revolution auf den Weltmeeren wird auf Schiffen basieren, die mithilfe modernster Technologie und digitaler Lösungen entwickelt wurden, aber auch auf vielschichtigen, vollintegrierten Prozessen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, die Sicherheits-, soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Rolle des Seeverkehrs als Bindeglied innerhalb der transnationalen Logistikkette. Dies bedeutet, dass jedes Glied dieser Kette – von den Häfen bis zum Schiffbau, von Versendern bis zum privaten und öffentlichen Finanzsektor – in unser Nachhaltigkeitsstreben eingebunden werden muss“, sagt Maja Markovčić Kostelac, Exekutivdirektorin der EMSA.
„Obwohl der europäische Seeverkehr für unser wirtschaftliches Wohlergehen unverzichtbar ist, verdeutlicht der vorliegende Bericht, dass die Branche gemeinsam mit der gesamten internationalen Schifffahrtsindustrie dringend weitere Anstrengungen unternehmen muss, um ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern. Die bereits im Rahmen europäischer und internationaler Politiken ergriffenen Maßnahmen reichen bei weitem noch nicht aus, um eine fundamentale Umstellung auf einen nachhaltigen Seeverkehr zu erreichen, der dazu beiträgt, das künftige Wohl, ja Überleben, unserer empfindlichsten Ökosysteme und Küstengebiete sowie das Wohlergehen aller Bürgerinnen und Bürger in Europa zu sichern,“ so Hans Bruyninckx, Exekutivdirektor der EUA.
Die nächsten zehn Jahre werden für den Seeverkehr in der EU beim Übergang zu einer wirtschaftlicheren, sozialeren und ökologischeren, von Nachhaltigkeit geprägten Branche maßgeblich sein. Wie der Bericht zeigt, haben die meisten der in europäische Häfen einlaufenden Schiffe ihre Geschwindigkeit um bis zu 20 % gegenüber 2008 verringert und damit auch ihre Emissionen reduziert.
Darüber hinaus zeichnet sich ab, dass alternative Kraftstoffe und Energiequellen wie Biokraftstoffe, Batterien, Wasserstoff oder Ammoniak der Schifffahrt künftig mögliche Alternativen bieten können, die das Potenzial haben, die Branche zu dekarbonisieren und die Emissionen auf null herunterzufahren. Auch die Onshore-Stromversorgung (bei der Schiffe ihre Motoren abstellen und Strom von einer Quelle an Land beziehen, wenn sie im Hafen liegen) kann in See- und Binnenhäfen saubere Energie liefern.
LINKS ZUM BERICHT UND ZU INFORMATIONSBLÄTTERN
EEA: https://www.eea.europa.eu/publications/maritime-transport/
EMSA: http://www.emsa.europa.eu/emter
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